Informationen zum Beruf
Allen, die sich speziell für den Beruf des Assistenzhundetrainers interessieren, möchten wir ans Herz legen, diese Information sorgfältig zu lesen, bevor sie in einem Lehrgang sitzen, mit dessen Konzept sie gar nicht einverstanden sind. Es gibt nämlich zwei Ideen, nach denen man Assistenzhundetrainer ausbildet. Um dies zu verstehen, müsste man mit der Geschichte des Assistenzhundetrainers anfangen. Diese beginnt bereits im Jahre 1788. Sie erklärt, warum die ursprünglichen alten Konzepte, die heute verworfen sind, noch immer nicht an Aktualität verloren haben.
Geschichte der Assistenzhunde
Alles begann im Jahr 1788 mit einem kleinen Spitz, der bei seinem blinden Menschen namens Josef Reisinger in Wien lebte. Josef Reisinger war Siebmacher. Er wurde als Kind eines Invaliden geboren. Als Jugendlicher kam er in die Lehre zu einem Siebmacher. Mit 17 Jahren begab er sich zunftgemäß auf Wanderschaft. Kurz vor seinem 20. Lebensjahr, er befand sich gerade in Ungarn, erkrankte er an einer stark eiternden Augenentzündung. Beide Augen waren betroffen. Sie kam von allein und sollte auch von allein wieder heilen. Doch dem war nicht so. Nach kurzer Zeit schickte der Meister seinen Gesellen zu einer Frau, die ohne medizinisches Wissen ein Hausmittel einsetzte, um die Augen zu heilen. Das Ergebnis: vollkommene Erblindung binnen 14 Tagen! Josef Reisinger wäre mit einer medizinischen Behandlung durch einen Arzt das Schicksal möglicherweise erspart geblieben.
Nun war die Sehfähigkeit weg und damit auch die Möglichkeit, seinen eigenen Unterhalt durch Arbeit als Geselle zu verdienen. Fortan war er auf Almosen angewiesen. Zurück in Wien haderte er mit seinem Schicksal und führte ein jämmerliches Dasein, bis ihm eines Tages ein Knecht aus Mitgefühl einen kleinen Hund schenkte. Dieser könne doch vielleicht eine hilfreiche und aufmunternde Begleitung werden.
In dieser Zeit hielten die Franzosen Wien besetzt. Möglicherweise kam damit auch die Nachricht nach Wien, dass in einer Einrichtung für erblindete Edelleute in Paris (Frankreich) seit 1780 versucht wurde, Hunde so zu trainieren, dass sie beim Führen helfen. Doch davon hatte Josef keine Ahnung, schon erst recht keine Erfahrung im speziellen Trainieren von Hunden. Nun saß er da und hatte einen kleinen Spitz. Er herzte ihn, streichelte ihn, freute sich über seinen neuen Freund. Doch an spezielle Ausbildung war nicht zu denken. Der Hund war nun bei Josef und Josef bei seinem Hund.
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Als erstes band er den Hund an eine Schnur, um ihn nicht zu verlieren. Normalerweise bewegte und orientierte sich Josef mit einem Stock, um alle Hindernisse rechtzeitig aufzuspüren. Mit dem Hund an der Schnur und dem Stock in der Hand versuchte er sich mit ihm fortzubewegen, aber mal lief der Hund rechts, mal links, mal vor, mal zurück, mal zu langsam, mal zu schnell. Es war mühsam, und nur langsam lernte der Spitz sich dem Tempo seines Herrn anzupassen. Doch es spielte sich ein, was blieb ihnen anderes übrig, es musste sich einspielen.
Voran zu gehen und den Weg aufzuzeigen, schön entlang der Rasenkante und damit auch nicht mittig auf dem Gehsteig zu laufen, das waren die ersten Lernerfolge. Für einen blinden Menschen bereiten Kanten, Stufen und Treppen große Probleme. Man erwartet sie nicht und stolpert kopfüber hinein. Josef lehrte seinen Hund, immer davor stehen zu bleiben, damit er auf den Höhenunterschied aufmerksam wird. Das war eine große Hilfe. Blieb der Hund vor einer Tür stehen, lief Josef nicht dagegen und fand auch noch hinein.
Josef übte mit dem Hund in seinem ganz normalen Leben an den Dingen, die die alltäglichen Herausforderungen darstellten. Beide wuchsen immer enger zusammen und konnten sich im eigenen Quartier immer sicherer bewegen. Das machte Mut, den Radius zu vergrößern und Ausflüge in unbekannte Regionen der Stadt zu unternehmen. Doch das war ein zu großer Schritt. Der Hund kannte sich nicht aus und kurzerhand landete Josef im Graben.
Man kann sich vorstellen, wie die Reaktion war, in einer Zeit, in der man noch nicht von positiver Verstärkung und gewaltfreier Erziehung des Hundes redete. Sowieso muss man den Hut ziehen vor einem Mann, der dem Hund so viel Zuwendung zusprach, in einer Zeit, in der große Denker die Lehre verbreiten, Tiere seien benutzbare Sachen, die eher mit einem Uhrwerk vergleichbar funktionieren, als mit den Lebensfunktionen eines Menschen. Dank eines Gehilfen übten Josef und sein Spitz in kleineren Schritten weiter und es dauert knapp mehr als ein Jahr, dass der Hund vor allen Unwegsamkeiten stehen blieb, auf jeden Pferdewagen, jede Schranke und jeden Hügel aufmerksam machte, so zuverlässig, dass Passanten dem Blinden seine Blindheit absprachen.
Fast 16 Jahre war der kleine Spitz der treue Begleiter von Josef Reisinger. Sein Leben wandelte sich entschieden. Er wurde mobiler, selbstsicherer, er heiratete, seine Frau bekam drei Kinder; er führte ein Leben, das ohne Hund niemals so möglich gewesen wäre. Schon kurz bevor der kleine Spitz selbst im Alter erblindet starb, lehrte Josef seinen zweiten Führhund an. Er entschied sich diesmal bewusst für eine menschentreue und sehr gelehrige Hunderasse, einen Pudel. Aufgrund seiner Erfahrungen konnte Josef dem Pudel sehr viel schneller alle notwendigen Verhaltensweisen der Führarbeit beibringen. Dieser verrichtete 13 Jahre seine Führarbeit und starb 1809.
Einige Jahre später beschreibt Jakob Birrer, ein blinder Mensch aus der Schweiz, dass er wohl davon gehört hätte, manch Blinder in Paris ließe sich von einem Hund führen, konnte es jedoch nicht glauben. Er beschloss einen Selbstversuch durchzuführen und seinen Spitz zu trainieren. In einem Buch beschreibt er Schritte seiner Vorgehensweise. Sein Spitz führte ihn 5 Jahre.
Ab 1870 kamen aus Frankreich über Österreich und die Schweiz immer wieder Nachrichten über blinde Menschen, die sich von einem Hund führen ließen. Das Üben und Trainieren erfolgte in Eigenregie, baute auf Erfahrungen auf und geschah im Alltag. Es waren beispielhafte Einzelerfolge, die das Verhältnis zum Hund als Gefährte revolutionierten. Doch eine Institutionalisierung ließ noch auf sich warten und geschah in Deutschland erst mit einem dramatischen Ereignis, dem Ersten Weltkrieg. Viele deutsche Soldaten kehrten erblindet aus dem Kriegseinsatz zurück. Ein Hund sollte von staatlicher Seite eine Wiedergutmachung und Fürsorge sein.
1916 wurde mit Unterstützung des Kriegsministeriums die erste Blindenführhundeschule in Oldenburg gegründet. 1919 bekamen 539 Kriegsblinde ihren Führhund. Die Blindenführhundeschule expandierte und bildete jährlich bis zu 600 Hunde aus. Das Interesse stieg und gute Führhunde waren ein Mangel. Schließlich gründete der Verein für Deutsche Schäferhunde 1923 die zweite deutsche Führhundeschule in Potsdam. Von Deutschland aus breitete sich die Ausbildung von Führhunden über die Schweiz bis nach Amerika aus. Die Amerikanerin Dorothy Harrison-Eustis lernte zunächst die Potsdamer Methode kennen, gründete daraufhin ein Institut in der Schweiz und 1929 die erste Blindenführhundschule „The seeing Eye“ in New Jersey.
Die bekannteste erste amerikanische Blindenführhündin hieß „Buddy“ und gehörte zu ihrem Menschen namens Morris Frank. Beide sorgten in Amerika durch provozierenden Auftritt vor öffentlichen Gebäuden, Senatshäusern, Hotels und Verkehrsmitteln für so viel Aufsehen im Bemühen um Zutritt mit Blindenführhund und damit auch die Anerkennung der Führhundefähigkeiten, dass man dieses erste Gespann als Aktivist und Pionier bezeichnen kann.
Als Vizevorsitzender des Vereins „The Seeing Eye“ kämpfte Morris Frank um fortschreitende Anerkennung der Hunde. Das Engagement war so nachhaltig, dass ihnen am 29. April 2005 eine Skulptur mit dem Titel „The Way to Independence“ gewidmet wurde. Buddy war 10 Jahre als Führhund im Einsatz, sie wurde 12 Jahre alt und starb am 23. Mai 1938. Morris Frank schrieb ein Buch über sein Leben mit Buddy. Unter dem Titel „First Lady of the Seeing Eye“ kann man seine Geschichte nachlesen. Das Buch wurde 1984 unter dem Titel „Love leads the way“ verfilmt.
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Definition des Assistenzhundes
Die Aussage „dieser Hund ist ein Assistenzhund“ bleibt solange eine unpräzise Behauptung, wie es an konkreten Kriterien mangelt. Da hilft auch der Hinweis auf das „medizinische Hilfsmittel“ wie in heutigen Gesetzesschriften gebräuchlich, nur bedingt weiter. Es braucht Konkretion.
Die Definition ist folgende: Ein Assistenzhund ist ein speziell und individuell ausgebildeter Helfer für einen Menschen mit Beeinträchtigung oder chronischer Krankheit. Für den Betroffenen ist der Assistenzhund ein medizinisches Hilfsmittel. Er verfügt über einen sehr guten Grundgehorsam und hat zusätzlich spezielle helfende Aufgaben in Bezug auf die Beeinträchtigung oder chronische Krankheit des Menschen erlernt. Damit dient der Assistenzhund der Bewältigung bestimmter Aufgaben der alltäglichen Lebensführung und der Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben.
Der Assistenzhund lebt und arbeitet bei dem betroffenen Menschen. Er wird vom Menschen mit Beeinträchtigung oder chronischer Krankheit versorgt, geführt und trainiert. Zusätzlich zu technisch-helfenden Fähigkeiten bietet der Assistenzhund positive psychische und soziale Effekte, er dient als sozialer Katalysator im gesellschaftlichen und kulturellen Leben.
Verschiedene Ausbildungskonzepte zum Assistenzhundetrainer
Wie man sehr schön an den Anfängen des Blindenführhundes ablesen kann, steht an allem Anfang der selbst ausgebildete Hund. Häufig ist es tatsächlich so, dass eine Fähigkeit des Hundes in der Familie oder durch den Halter selbst entdeckt werden. So hat man schon Hunde ausgebildet, die eine volle Windel des Kindes signalisieren oder Sulfite im Wein erkennen und den Allergiker vor dem Genuss warnen. Richtig neidisch macht die Fähigkeit des Hundes, ein verlegtes Handy zu finden, selbst wenn die Batterie leer ist. Unzählige solcher Geschichten werden Sie als Trainer hören, und das Beste ist, dass es sich hierbei um Leute handelt, die weder Hundetrainer noch Assistenzhundetrainer waren, sondern „nur“ Hundebesitzer. Sie selbst haben die Künststücke dem Hund beigebracht und die Ideen stammten auch von ihnen selbst.
Es sind zum Teil niederschmetternde Beispiele für die AHT- Szene, beweist aber auch, dass viele Menschen mit Behinderungen die Ausbildung des Hundes vor allem mit Hilfe eines Trainers noch viel besser schaffen können. Diese Art von Hundeausbildung wird heute „Selbstausbildung“ genannt, selbst dann wenn der Trainer dabei assistiert und leitet. Heute wird aber überwiegend die Fremdausbildung angeboten.
Im Folgenden wird jede Form beschrieben, um anschließend die jeweiligen Vor- und Nachteile heraus zu stellen. Im Vergleich der Vor- und Nachteile ergibt sich daraus die Schlussfolgerung einer favorisierten Ausbildungsform, die mit der hier zugrunde liegenden Lehrgangsphilosophie am besten harmoniert.
Selbstausbildung eines Assistenzhundes
Wie das Wort sagt, bildet man selbst den Assistenzhund aus. Selbst, damit ist die Person gemeint, die einen Assistenzhund für sich selbst als Hilfsmittel haben möchte. Das bedeutet, dass der Mensch mit Beeinträchtigung, wegen und trotz der Beeinträchtigung seinen eigenen Hund ausbildet. Wie soll das gehen? Zuerst macht dieser Ansatz stutzig, denn das Wissen und Können, die Fähigkeiten und Fertigkeiten einen Welpen zu erziehen und zum ganz normalen gut gehorsamen Familienhund zu trainieren, ist schon für Menschen ohne Beeinträchtigung eine Herausforderung.
Schon hier stoßen die meisten an ihre Grenzen und brauchen dringend Beratung und Unterstützung einer guten Hundeschule. Keine Frage, Hundetraining können nur die wenigsten von allein, aber glücklicherweise gibt es ja gute Hundetrainer! Die zeigen den Menschen, wie man gutes Training, gute Erziehung und gute Kommunikation mit seinem Hund macht. Es ist Usus, dass ein neuer Hundebesitzer, gerade auch die Ersthundbesitzer, mit seinem kleinen Welpen in die Hundeschule kommt und angeleitet wird. Von da aus weitergedacht, ist es nur noch ein kleiner Schritt, einem Menschen mit Beeinträchtigung dieselbe Anleitung zu geben, mit seinem Hund umgehen zu lernen.
Auch ein Mensch mit Beeinträchtigung kann so angeleitet werden, dass er in die Lage gebracht wird, den eigenen Hund zu trainieren und zu erziehen. Dabei ist es Voraussetzung, dass die Beeinträchtigung es zulässt, den Hund sicher zu führen. Kann der Mensch mit Beeinträchtigung dies nicht, ist die Idee eines Assistenzhundes ganz generell obsolet. Ist er es aber doch, kann er angeleitet werden. Nur ist diese Anleitung nicht dieselbe, wie bei Menschen ohne Beeinträchtigung. Die Umstände des Menschen und auch die speziellen Lernaufgaben für den zukünftigen Assistenzhund machen das Besondere daran aus.
Vorteile einer Selbstausbildung
Die Vorteile liegen auf der Hand: Hund und Mensch sind von Anfang an zusammen. Die intensivste Lern- und Prägephase erlebt der Mensch mit Beeinträchtigung mit seinem kleinen Welpen gemeinsam. Er erlebt alle Lebensphasen, sieht, wie der Hund sich entwickelt und immer mehr dazu lernt. In den sensibelsten Entwicklungsphasen können Grundsteine der Beziehung gelegt werden, die im späteren Leben nie mehr so intensiv aufgebaut werden können.
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Der Mensch lernt seinen Hund ganz genau kennen, weiß mit ihm zu kommunizieren und um seine Eigenschaften. Der Hund lernt ebenfalls seinen Menschen und sein Lebensumfeld von Anbeginn kennen. Er arbeitet sich in die Signalgabe des Menschen hinein und kann sie immer besser verstehen lernen. Kurz um: beide entwickeln sich aufeinander zu und werden ein Team.
Vor dem Hintergrund, dass eine der wichtigsten Grundbausteine für ein Assistenzteam die enge vertrauensvolle Bindung ist, ist "Team-Werden" bei der Selbstausbildung ein großer Vorteil! Selbstausbildung von Hund und Mensch geht langsam. In der Regel kommt der Welpe zu seinem Menschen und lernt dort in seinem eigenen Lerntempo die Dinge, die er als Assistenzhund können muss. Dafür bekommt das Team viel Zeit und kann sich ohne Druck in kleinen Schritten dem Ziel nähern. Selbstausbildung dauert im Schnitt ca. 15 bis 18 Monate. Kommt der Welpe in Selbstausbildung gleich zu seinem Menschen, werden dem Hund weitere Wechsel zu einer Patenfamilie oder einem Trainingscamp erspart. Auch wenn nicht alle Hunde unter Trennungsschmerz leiden, viele tun es doch. Bei der Selbstausbildung wird das vermieden.
Durch die Selbstausbildung lernt der Mensch sehr viel über Hundetraining und vor allem auch über den Aufbau spezieller Fähigkeiten für besondere Hilfsaufgaben. Ist der Hund im Laufe seines Lebens krank, erlebt eine Beißerei, einen Unfall oder anderes, was seine Fähigkeiten vorübergehend schwächt, dann hat sein Mensch Trainingserfahrungen und ein Übungsrepertoire, um diese Fähigkeiten wieder aufzubauen. Das macht selbstständig in der Problemlösung. Bei der Selbstausbildung behält der Mensch mit Beeinträchtigung die Verantwortung und Entscheidungsbefugnis über seinen Hund selbst in der Hand. Der Trainer ist lediglich ein Begleiter, Berater und auch Übungsleiter. Der Mensch mit Beeinträchtigung wird weder depriviert noch entmündigt. Er ist der Auftraggeber, hat Rechte und Pflichten. Und lernt auf diese Weise auch alle Belange, die mit „Hund haben“ verbunden sind, kennen.
Selbstausbildung ist i.d.R. wesentlich preiswerter als Fremdausbildung. Da die Krankenkassen bisher die Ausbildung von Führhunden für Blinde, aber nicht die von anderen Assistenzhunden zahlt, ist das auch ein wichtiges Kriterium.
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Nachteile einer Selbstausbildung
In der Entwicklung eines Hundes, im Training von Grundgehorsam und auch den speziellen Fähigkeiten, läuft nicht immer alles glatt. Der Lernweg von Mensch und Hund verläuft keinesfalls immer vorwärts und aufwärts. Es gibt Phasen von Stillstand und auch Rückschlägen. Die auszuhalten kostet viel Kraft. Diese Kraft bringt nicht jeder Mensch mit Beeinträchtigung immer auf, denn die Beeinträchtigung selbst ist schon eine große Grundbelastung. Kommen noch zusätzliche Probleme mit dem Hundetraining dazu, sind Grenzen der Belastbarkeit manchmal schnell erreicht. Die Angst, es doch nicht zu können, das große Ziel Assistenzhund nie zu erreichen und Überforderung sind Gefühle, die einen Abbruch der Ausbildung heraufbeschwören.
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An dieser Stelle ist pädagogisches Geschick besonders dringend gefragt, denn weder Hund noch Mensch dürfen überfordert sein. Gerade in einem Langzeitprojekt, was eine Selbstausbildung immer ist, braucht man Durchhaltevermögen. Ein Nachteil sind gesundheitliche Risiken, die als Welpe noch nicht diagnostizierbar waren. Allen voran bestehen die Möglichkeiten der Hüft- oder Ellenbogendysplasie. Nur ein ganz gesunder Hund kann die anspruchsvollen Anforderungen eines Assistenzhundelebens erfüllen. Zeigen sich im Laufe des Aufwachsens gravierende, vielleicht sogar schmerzhafte Krankheiten, schließt sich die Arbeit als Assistenzhund aus.
Doch was soll man machen mit dem eng an sich gebundenen Hund. Er ist ja gerade nicht der Hund, den man beziehungslos austauscht. Neben gesundheitlichen Problemen können auch Verhaltensprobleme auftreten, die für einen Assistenzhund nicht tolerierbar sind. Auch dann stellt sich die Frage, was tun? Als Nachteil mag auch der Aufwand empfunden werden, der mit der Eigenverantwortlichkeit zusammen hängt. Der Hund ist immer nur so gut, wie sein Mensch. Das setzt manchen unter Druck, weil es in die Pflicht nimmt. Nicht ein anderer arbeitet sich durch die vielen kleinen Trainingsschritte hindurch, sondern man selbst muss das machen.
Auch wenn alle möglichen anderen alltäglichen Dinge sich immer wieder vordrängeln, der Hund will ausgeführt werden, er will körperlich ausgelastet werden und er will geistig gefordert werden. Das verlangt er täglich und genau das ist manchmal nervig. Ist man selbst müde, regnet es andauernd oder ist jede Bewegung mühsam, dann möchte man vielleicht doch lieber einen Stoffhund.
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Fremdausbildung eines Assistenzhundes
Auch hier verrät der Name, was dahinter steckt. Der Hund wird von einer fremden Person ausgebildet und kommt mit allen speziellen Fähigkeiten fertig ausgebildet zu dem Menschen mit Beeinträchtigung. Die meisten Erfahrungen für diese Ausbildungsform bestehen im Blindenführhundbereich. Der generelle Ablauf ist folgendermaßen: Nach Geburt wechselt der Welpe mit 8 bis 10 Wochen in eine Patenfamilie. Dort lernt er alle Grundgehorsamskommandos und wird auf die Umwelt, Tiere und Menschen sozialisiert. Nach einem Jahr kommt der spezialisierte Hundetrainer und testet den Hund.
Je nach Verhalten, Charaktereigenschaften und Anforderungsprofil wird er für die Spezialausbildung als geeignet empfunden. Bevor diese jedoch beginnt, werden Untersuchungen vorgenommen, um alle gesundheitlichen Risiken auszuschließen. Erst dann zieht der Hund bei dem speziellen Trainer ein und beginnt mit dem entsprechenden Trainingsprogramm. Ist das abgeschlossen und der Hund fertig ausgebildet, erfolgt die Zusammenführung von Mensch mit Beeinträchtigung und dem Hund. Der Hund zieht dann beim Menschen ein. In dem sogenannten Matching wird dem Menschen die Signalgabe vermittelt und auch auf die Anbahnung einer Bindung hingearbeitet. Ziel ist, dass der Mensch mit Beeinträchtigung möglichst reibungslos die bisherige Rolle des Trainers übernimmt.
Vorteile einer Fremdausbildung
Der größte Vorteil ist wohl, dass sich der Mensch mit Beeinträchtigung nicht mit dem Training von Grundgehorsam und speziellen Fähigkeiten quälen muss. Der Hund kommt fertig trainiert ins Haus geliefert und kann von Anfang an gleich ganz viel. Auch mühsame Lebensphasen, wie z.B. die Pubertät, bleiben dem Menschen mit Beeinträchtigung erspart. Es gibt keine Frustration aus entwicklungsbedingten Aufs und Abs. Der Hund ist in dem Moment des Einzugs eine ausgereifte erwachsene Persönlichkeit.
Durch die bereits abgeschlossenen gesundheitlichen Untersuchungen kann man davon ausgehen, dass der Hund top fit ist, denn nur solche Hunde dürfen in die Spezialausbildung gehen. Auch die Frage der Nicht-Eignung wegen Verhaltensproblemen stellt sich normalerweise nicht, denn der Hund ist fertig ausgebildet, der Trainer kennt die Eigenarten des Tieres und müsste einen Hund mit Verhaltensproblemen aus dem Training nehmen.
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Der zukünftige Halter geht davon aus, dass er einen Hund ohne Verhaltensprobleme bekommt. Wenn es doch zu Schwierigkeiten zwischen Mensch und Hund kommen sollte, gibt es im Führhundbereich die Möglichkeit der Nachschulung oder der Hund kann ausgewechselt werden. Für den Menschen mit Beeinträchtigung resultiert daraus eine gewisse Sicherheit, einen passenden Hund zu finden. Kann der Mensch mit Beeinträchtigung schon im Laufe der Ausbildung Kontakt zum Hund aufnehmen, ihn mehrmals besuchen, dann lernt er den Hund kennen, ohne gleich die ganze Verantwortung von Haltung, Pflege und Fürsorge übernehmen zu müssen. Auf diese Weise wächst der Mensch eventuell langsam in die Aufgabe hinein, die er sich ad hoc nicht zutraut.
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Nachteile einer Fremdausbildung
Im Laufe seines Ausbildungsweges erlebt der Hund mehrere Trennungen von Bezugspersonen. Es beginnt mit dem Wechsel vom Züchter zur Patenfamilie, geht weiter mit dem Wechsel zum speziellen Trainer und schließt mit dem Wechsel zum Menschen mit Beeinträchtigung ab. Wenn das Gespann nicht harmoniert, nicht zusammen wächst, folgen weitere Wechsel bis zu dem Menschen, bei dem er dann alt werden darf.
Haben Hunde Verhaltensprobleme, liegt ein Erklärungsansatz immer darin, durch wie viele Hände das Tier schon gegangen ist. Sind das innerhalb der ersten zwei Jahre drei oder mehr Stationen, dann wundert man sich nicht. Leider verlaufen die Biografien von Hunden nicht immer optimal und sie müssen mit dem Beziehungsverlust, Trennungsschmerz und der Neuorientierung fertig werden.
Bei Fremdausbildung aber ist das Programm. Sie ist ein Teil der geplanten Hundebiografie. Es wird nicht davon geredet, dass Verhaltensprobleme daraus resultieren können. Sie werden entweder wegdiskutiert oder ignoriert. Der Ausbildungsverlauf liegt in der Verantwortung des Trainers. Nur er weiß, was wirklich mit dem Hund gemacht, was trainiert und vor allem mit welchen Methoden trainiert wurde.
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Längst nicht alle Trainer arbeiten mit positiver Verstärkung. Als späterer Halter des Hundes weiß man jedoch nichts über das Training. Manchmal zeigt sich erst durch spätere verhaltenstierärztliche Begutachtungen, dass der Hund in Ultrakurzzeit mit negativen Reizen durch das Spezialprogramm zum Assistenzhund getrieben wurde. Elektroschocks sind zwar verboten, aber wenn es keiner mitbekommt…. Man kennt folglich auch die Signale und körpersprachlichen Zeichen des Trainers nicht. Man bekommt zwar in der Einweisung Vieles gezeigt, muss aber alles in kürzester Zeit übernehmen lernen. Selbst bei größter Mühe wird es nicht gelingen, die Sprache des Trainers eins zu eins zu übernehmen. Mal abgesehen davon, dass das Ausdrucksverhalten eine komplett andere Sprache ist, als die des Menschen.
Haben Sie schon mal jemanden erlebt, der eine fremde Sprache in drei Wochen erlernt? Der Trainer geht und der Hund bleibt. Da steht man nun und gibt sich die größte Mühe, und doch ist nicht gesagt, dass der Hund einen auch wirklich versteht und seine volle Leistung erbringen kann. Wenn Bindung zwischen Mensch und Hund das Fundament eines Assistenzhundeteams ist, dann beginnt das Zusammenwachsen erst mit dem Einzug des Hundes. In dem Moment aber ist der Hund schon eine ausgereifte Persönlichkeit und nicht mehr so anpassungsfähig wie ein Welpe. Möglicherweise kommt der Hund mit den Lebensweisen und Gewohnheiten des Menschen gar nicht zurecht. Bindung entwickelt sich jedenfalls nicht von allein. Steht dem etwas im Weg, auch unabsichtlich, baut sich die Assistenzfähigkeit sukzessive ab. Hat der Hund ein Leistungstief, verfügt der Mensch über zu wenig Trainingsrepertoire, um seinen Hund (und sich selbst) da heraus zu arbeiten.
Der Mensch mit Beeinträchtigung bleibt sehr lange auf die Trainingshilfe von außen angewiesen. Letztendlich ist Fremdausbildung auch eine teure Angelegenheit. Im Blindenführhundbereich sind nicht selten Summen von bis zu 25.000€ im Spiel. Auch im Assistenzhundbereich können ähnliche Summen zur Debatte stehen. Man fragt sich, woher eine Privatperson so viel Geld nehmen soll. Das sind Preise, die für viele Menschen unerschwinglich sind und vom Hilfsmittel Hund eher abschrecken.
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Schlussfolgerungen für den Lehrgang "Assistenzhundetrainer" bei der ATN
Zwei großen Herausforderungen stellt sich die ATN mit dem neuen Ausbildungskonzept zum Assistenzhundetrainer, bei dem Inklusion großgeschrieben wird. Das ist einerseits die Ausbildung im Bereich des Hundetrainers und andererseits ist es das Pädagogische. Hier sind die Anforderungen an die Fähigkeiten, Hunde auszubilden, sehr hoch gesteckt und unterscheiden sich nicht von den üblichen, die an die Hundetrainer gestellt werden.
An diesem Lehrgang nehmen sowohl Trainer teil, die schon sehr viel über Hundetraining wissen und auch über praktische Erfahrungen verfügen, aber auch solche, die in dem Lehrgang erst ausgebildet werden. Sitz, Platz, bei Fuß sind keine großen Herausforderungen mehr. „Gib mir einen Hund und ich bringe ihm das in aller Kürze bei!“, sind die eigenen Lernvoraussetzungen. In dieser Logik wäre es naheliegend, darauf aufbauend mit diesem Lehrgang seine eigenen Trainingsfähigkeiten zu spezialisieren, um auch Assistenzhunde ausbilden zu können. „Gib mir einen Hund und ich bringe ihm in null Komma nix bei, die Socken auszuziehen, die Türen zu öffnen und Geld aufzuheben oder den Menschen abzuscannen und eine drohende Unterzuckerung anzuzeigen“.
Leider ist es nicht so einfach. Denn es spielt immer ein Mensch mit; nämlich der, für den der Hund letztlich bestimmt ist. Und egal, ob das Herz mehr für die Selbst- oder die Fremdausbildung schlägt, es kommt immer irgendwann der Zeitpunkt, in dem der Mensch mit Beeinträchtigung selbst übernehmen muss. Wie oben schon einmal gesagt: der Trainer geht, der Hund bleibt. Und dann sollen Mensch und Hund miteinander zurechtkommen. Mehr noch, sie sollen sich miteinander verschwören, durch dick und dünn gehen, sich aufeinander verlassen und fast wortlos vertrauen können. Wie soll der Mensch das können, wenn er den Hund gar nicht intensiv kennen gelernt hat, seine Eigenarten nicht weiß, die Sprache nicht spricht und nach der Einweisung mit allem allein fertig werden muss? Wie soll der Hund das können, wenn er in sein Bestimmungszuhause nicht langsam hinein wächst? Das Risiko, das ein Team nicht harmoniert, ist relativ groß.
Das Risiko, dass ein Hund aus Fremdausbildung instrumentalisiert wird, ist relativ groß. Manche Assistenzaufgaben kann ein Hund nur am Menschen selbst erlernen. Dazu gehört allen voran die Anzeige von Unterzuckerungen oder von epileptischen Anfällen. Trainingsleistung ist die eine Sache, die Anzeige in der Realität noch einmal eine ganz andere. Nicht jeder Hund schafft den Sprung aus der fremdausgebildeten Trainingsanzeige in die reale Anzeige an der Person. Ist der Hund dann schlecht? Wie kann sich der Mensch dann helfen? Wie und was soll er mit dem Hund trainieren können, wenn er aus dem ganzen Trainingsprogramm ausgeschlossen war? Ist es gut, dass der Mensch immer auf Fremdhilfe angewiesen bleibt? Definitiv nein!
Je früher und je intensiver er selbst aktiv und verantwortungsvoll in die Ausbildung integriert wird, desto besser für das Team, desto gestärkter für alle Eventualitäten in der Zukunft.
In diesem Lehrgang gilt also die Überzeugung, dass zwischen den beiden Polen von Selbstausbildung und Fremdausbildung ein Schieberegler wie zur laut oder leise Regelung an einer Musikanlage existiert. Dieser Schieberegler ist nach individuellen Möglichkeiten des Menschen mit Beeinträchtigung und seines Umfeldes regulierend zwischen beiden Grundformen der Ausbildung zu justieren. Dabei gilt die Maßgabe, so viel Selbstausbildungsanteile wie nur irgend möglich, so wenig Fremdausbildungsanteile wie nur irgend nötig. Der Dreh- und Angelpunkt, um das zu entscheiden, ist der Mensch mit Beeinträchtigung. Aus seinen Möglichkeiten heraus ergibt sich die Justierung.
Die Maßgabe ist, zuallererst davon auszugehen, dass man jeden Menschen mit Beeinträchtigung fördern kann, Dinge zu schaffen, die er sich selbst nicht zugetraut hat. Schließlich ist die Historie ein guter Beleg dafür, dass die Assistenz durch Hunde von den Betroffenen selbst „erfunden“ wurde. Erst später kam die Institutionalisierung in Form von Ausbildungsschulen, ohne die Betroffenen einzuspannen. Und mit der Institutionalisierung hat sich eine Gewohnheit breit gemacht, die heute kritisch in Frage zu stellen ist.
Heute ist die Zielvorstellung die, größt mögliche Inklusion zu praktizieren, also auch Inklusion in die Ausbildung. Das allerdings braucht eben nicht die Fachkompetenz auf Hundetrainingsseite, sondern die Fachkompetenz auf Menschenbildungsseite. Genau darum geht es in dem innovativen Ansatz dieses Assistenzteamlehrgangs: im Mittelpunkt steht der Mensch mit Beeinträchtigung, der durch pädagogisch sinnvolle und individuell angemessene Planung von Aufgaben und Lerngeschehen in die Lage versetzt wird, die aktuellen Trainingsherausforderungen zu meistern. Stück für Stück wird mehr und mehr gelernt, mit fachkompetenter Anleitung. Heißt also, der moderne zukünftige Assistenzteamtrainer ist ein Hundetrainer mit kynologischem Fachwissen und praktischen Trainingserfahrungen UND ein Lehrer mit lern, sozial- und heilpädagogischen Kompetenzen und praktischen Vermittlungsfähigkeiten.
Berufsgruppe
Hundetrainer
Berufsbezeichnung
Je nachdem, ob sich ein Trainer auf eine Assistenzhundeart spezialisiert, wird er zusätzlich genannt:
Trainer für Assistenzhunde für Menschen mit Diabetes (Signalhund)
Trainer für Assistenzhunde für Menschen mit Epilepsie (Signalhund)
Trainer für Assistenzhunde für Menschen mit Autismus (Geleithund)
Trainer für Assistenzhunde für Menschen mit Beeinträchtigung des Sehens
Verbreitung
Weltweit gibt es Assistenzhundetrainer, vor allem in den Industrienationen.
Bedarf
Der Bedarf an Assistenzhundetrainer, die mit pädagogischem Geschick und Profesionaliteät die betroffenen Personen mit in die Ausbildung hineinbeziehen ist selbstverständlich sehr groß, da es bis jetzt keine derart ausgebildeten Hundetrainer gibt.
Die aktuell arbeitenden Assistenzhundetrainer können den Bedarf an Assistenzhunden nicht decken. Es gibt viel mehr behinderte Menschen, die einen Assistenzhund benötigen und möchten, als es Assistenzhundetrainer gibt. In Deutschland leben zurzeit 7,1 Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung. In Österreich leben zurzeit 630.000, in der Schweiz leben zurzeit 780.000 Menschen mit einer Behinderung. Auf einen ausgebildeten Assistenzhund kommen bis zu 50 Bewerber. Die Bewerber müssen meist jahrelang auf einen Assistenzhund warten. Die Ausbildung der Assistenzhunde dauert 18-24 Monate. Die Kosten können für einen ausgebildeten Assistenzhund in der Schweiz für alle Assistenzhundearten von den Invalidenkassen übernommen werden. In Deutschland können die Kosten für einen Blindenführhund von der Krankenkasse übernommen werden.
Voraussetzung
Der Assistenzhundetrainer sollte:
- Freude am Umgang mit Menschen mit Behinderungen haben
- Pädagogisches Geschick und Kenntnisse
- Freude am Umgang mit Hunden haben
- Bereit sein, bei Wind und Wetter draußen in der Öffentlichkeit zu trainieren
- Aufgeschlossen gegenüber Menschen mit Behinderungen sein
- Einfühlungsvermögen besitzen
- Den Wunsch haben, Sinnvolles zu leisten
- Psychisch und physisch belastbar sein